Die Katzenüberlegungen erscheinen als regelmäßige Glosse („Katzenjammer“) im Magazin all4pets, aktuelle Ausgabe 1/2015 (www.all4pets.at).
Wie Sie ja wissen, bin ich vor kurzem umgezogen worden. Na ja, vielleicht bin ich sogar ein wenig ungezogen geworden, aber kann mir das einer verdenken? Ich musste in den letzten Wochen eine tierisch neue Infrastruktur aufbauen, was mich nicht gerade philanthropischer gemacht hat. Veränderung mag ja gut sein, nicht aber für mich!
Daher war ich auch eine angemessene Zeit angemessen beleidigt auf meine seltsame Mitbewohnerin (ein Häufchen da, ein Sofakratzer dort).
Leider hat sie mich irgendwann an einem sonnigen Nachmittag auf dem riesigen Kuschelteppich am Rücken liegend erwischt, während ich mich wohlig von einer Seite zur anderen rollte, weil das Leben, tja, einfach schön war. Spätestens da hat sie erkannt, dass ich jetzt doch endlich in unserem neuen Zuhause angekommen war. Da ich sie nun nicht weiterhin schneiden konnte, ohne unglaubwürdig zu erscheinen, ließ ich es dabei bewenden, so zu tun, als würde ich mich still fügen.
Tatsächlich fand ich es mittlerweile ganz toll. Ich benutze neuerdings eine Katzentoilette, was mir sehr entgegen kommt, da ich nicht mehr bei unleidlichem Wetter draußen mein Geschäft verrichten muss. Dreimal schaben, Gaga vergraben. Super! Einziger Wermutstropfen: Es gibt Stufen! Innerhalb der Wohnung! Wer braucht denn sowas? Sicher ein perfider Plan meiner Mitbewohnerin, mein Gewicht zu reduzieren, aber dann und wann ganz angenehm, vor allem, wenn fremde Menschen zugegen sind.
Also in etwa so: Gäste unten, ich oben. Gäste oben, ich unten. Gäste hinter mir her, ich grantig, usw.
Alles in allem recht erträglich, hätte sich meine Mitbewohnerin nicht eingebildet, dass Katzen ab und an auch nach draußen gehören, um Freiheit, Luft und Welterfahrung zu sammeln. Daher hat sie nach einer Eingewöhnungsphase (ihrer natürlich) beschlossen, dass ich nun reif für Außenspaziergänge sei und mich beinhart vor die Türe gesetzt.
So saß ich da, ausgestoßen vom einzigen Menschen, der mir nicht komplett auf den Zeiger ging. Glücklicherweise war ich hier relativ sicher, die Nachbarn waren aus Entfernung gut zu riechen und zu hören. Vor mir ein Stück Grün. Ich sprang auf eine Bank neben der Haustüre. Der Polster roch nach, hm, was war denn das, ich kannte den Geruch, der roch nach … mir! Also meine Mitbewohnerin! Gefinkelt war die schon, fast fühlte ich mich zu Hause. Wehmütig dachte ich an meinen alten Kumpel Jimmy, seine Gesellschaft war immer so erfrischend gehässig gewesen.
Ich erkundete die Umgebung. In einiger Entfernung sah ich einen riesigen Blumentopf, der schien allerdings den Nachbarn zu gehören, da musste ich beizeiten mal reinpinkeln.
Und dann sah ich noch etwas, das anscheinend ebenfalls den Nachbarn gehörte. Ein, wie soll ich sagen, Tier? Teilweise schwarz mit einem weißen Keil im Gesicht, ein protziges Stück Flohzirkus, das unweit am Steinboden hockte. Als ich es erblickte, erstarrte ich. Und es, also er, auch. So saßen wir da, ich anmutig und elegant mit meinem grauen wunderschön glänzenden Fell. Er, die Fadesse in Person, überwichtig, übergewichtig und großkotzig sah er zu mir herüber.
So gingen unsere Blicke hin und her. Meiner sagte: „Pass bloß auf, du pelziges, stinkendes Ungetüm, bleib, wo du bist und das für immer!“
Seiner hieß: „Pass bloß auf, du scharfer Zahn, für so ein heißes Ding wie dich kann es hier gefährlich werden. Hast du heute Abend schon was vor?“
Na toll, dachte ich, noch so einen Wichtigtuer hat die Welt gebraucht. Doch dann ließ ich meinen Blick weiterschweifen, an dem Ungetüm vorbei, über Gartenzäune, Blumentöpfe, Sandkisten, Fahrradständer, Asphaltwege, Hecken und Kinderdreiräder, und da wurde mir eines klar:
Sicher, es war anstrengend, sich neu einzugewöhnen, und man lässt Freunde und Feinde im geliebten Ex-Zuhause zurück, man nimmt Unbilden auf sich, Sturm und Drang, Wind und Wetter, Streu und Stufen, aber diese schrullige, verträumte, wunderliche und beschauliche Gegend hatte eindeutig was besseres verdient, als dieses schwarzweiße Keilgesicht.
Mich.
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