Haben Sie auch schon bemerkt, dass nichts beim Alten bleibt? Raider wird zu Twix, wird wieder zu Raider, Kirchschläger ist nicht mehr Bundespräsident, und Einkaufen ist schon lange nicht mehr, was es einmal war.
Seit einigen Jahren nämlich ist mir beim alltäglichen Frustshoppen etwas Gravierendes aufgefallen. Wenn ich mein Aktions- T-Shirt um 9,90 Euro an der Kasse meines Lieblingsschneiders zahlen möchte, kommt vor der Frage der Verkäuferin „Mit Bankomat?“ in piepsiger Stimme der Hinweis: „Wir haben jetzt ganz tolle Halstücher in Aktion, in super coolen Trendfarben um nur 39,90!“
Und ich darauf: „Nein Danke.“
Und sie darauf: „Oder vielleicht ein Geldtascherl in kultigen Metallicfarben um sensationelle 49,90?“
Und ich darauf: „Nein, vielen Dank.“
Und sie: „Oder super moderne Gürteltaschen in flippigen Neonfarben um nur…“
Und ich sogleich: „Ok.“
Und sie: „Macht dann 69,80! Ein Sackerl dazu?
Sowas nennt man Zusatzverkauf. Ich erinnere mich. Das kenne ich von früher. Wenn ich an der Wursttheke 15 Dekagramm Haussalami bestellt habe und die Wurstdame mir einen halben Kilo auf die Waage geschmissen und gefragt hat: „Darf‘s ein bisserl mehr sein?“
Ja, so hat es angefangen. Jetzt allerdings sind die Thekendamen genauso akribisch beim Abwiegen wie ich beim Tanken. 9 Euro. 9,78 Euro. 9,89 Euro. 10,01 Euro! Mist!
In den Supermärkten ist der Zusatzverkauf an die Kassen gekrochen. Dort, wo Kaugummi, Kirschlolli und Hochprozentiges in Miniflaschen sich die Hand geben, wo kleine wütende Kinderleins sich am Boden winden, dort in dieser Brutstätte des Konsums, findet der Zusatzverkauf statt. Im Kopf.
Etwa so: „Hm, da, ein Kindercountry, mit dem Puffreis, der zergeht so super am Gaumen. Bis nach Hause ist es ja noch weit. Nein, heute doch besser keine Schoko, das sind dann ja, Moment mal, 131 Kalorien! Andererseits, so viel wie 23 Smarties. Ess ich doch lieber die! Nein, besser die Mentos, da hab ich noch länger was davon. Aber bloß nur die kleine Verpackung! Wenn ich alle fünf Meter immer nur eines ganz langsam lutsche, schaff ich‘s bis zum Parkplatz. Oder vielleicht das 0,1 Liter Vodka Fläschchen? Herzig! Außerdem war heute ein harter Tag…“
Und so geht der innere Monolog weiter, bis ich eine H&M Gutscheinkarte, eine Packung Pocket Coffee, Lakritzenzuckerl, obwohl ich keine Lakritze mag, und einen Thermengutschein um 49,90 im Wagerl habe. Und eine kleine Flasche Stroh. Und meinem Einkauf natürlich.
Was für ein Menschenkenner, der das Konzept erfunden hat!
Besonders lustig ist es beim einen oder anderen Drogeriemarkt.
Zuerst die Frage an der Kassa: „Eine Kundenkarte?“
Ich verneine.
„Wollen‘s eine?“
Ich verneine wieder.
„Supertolle, nachfettende Lippenstifte hätt‘ ma im Angebot!“
Ich blicke auf die supertollen Farben. Gagabraun und hirsegelb.
„Nein Danke!“
„Oder, nur heute und morgen, zwei Akkuschrauber zum Preis von einem!“
Ich stutze: „ Ähm, nein vielen Dank.“
„Vielleicht eine reichhaltige Nachcreme für die faltige Haut über vierzig?“
Touché! „Nehm ich!“
„Macht dann fünfmal so viel, wie Sie ausgeben wollten!“
Nein, das sagt sie natürlich nicht, das denk ich mir nur, bevor ich nach Hause wackle.
Mein Mann empfängt mich an der Haustüre mit mitleidigem Blick.
„Zusatzverkauf?“
Ich nicke.
„Ein Bier?“
Ich nicke wieder und frage:
„Darf‘s ein bisserl mehr sein?“
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