Es ist eines der weitreichendsten und folgenschwersten Missverständnisse, das sich trotz millionenfacher, gegenteiliger Erfahrungswerte hartnäckig und parasitär in den Gehirnen unzähliger Menschen hält. Nach wie vor gehen, traurig aber wahr, viele davon aus, dass gut gemeintes tatsächlich zumindest irgendwie annähernd analog zu etwas sein könnte, das näherungsweise so ähnlich wie gut aussieht.
Erstaunlicherweise scheint jeder von ihnen ausgerechnet mich zu kennen, und keiner davon kann sich davor zurückhalten, mich mit allem, was er so gut meint, zu überhäufen. Noch erstaunlicher ist aber, dass obwohl Sie und ich uns wahrscheinlich noch nie begegnet sind, Sie ab und zu ebenfalls das Gefühl haben werden, dass jeder dieser Menschen Sie kennt. Die Welt ist eben doch das sprichwörtliche Dorf; leider voll mit halbwegs verrückten Einwohnern.
Um uns ein wenig Erleichterung zu verschaffen, möchte ich an dieser Stelle eines in aller Deutlichkeit klarstellen: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut! Und nur damit hier kein übermäßiger Interpretationsspielraum entsteht: gut gemeint ist soweit von gut entfernt, wie eine Frau davon, an einem Schuhgeschäft vorbeizugehen bzw. ein Mann davon, freiwillig mit ihr hineinzugehen.
Meistens ist es ja der Rat, der gut gemeint daherkommt. Das alleine genügt dem Ratgeber aber selbstverständlich noch nicht, überreicht er ihn doch gerne auch mal unaufgefordert und insistierend. Zusätzlich tarnt er ihn zielsicher als unsensible Rüpelhaftigkeit, damit man keinen Verdacht schöpft. Denn würde man auch nur ansatzweise vermuten, dass es sich um etwas „gut Gemeintes“ handeln könnte, würde man unverzüglich den angemessenen Mindestabstand zwischen sich und den Ratgeber bringen, also penibel dafür Sorge tragen, dass man künftig nicht im selben örtlichen Galaxienhaufen zu tun hat.
So jedoch wird einem erst, wenn man sich erdreistet, den Rat nicht in Demut, dankbar für die umfassende Weisheit des Spenders, anzunehmen, fast schon weinerlich, dafür aber wutentbrannt mitgeteilt: „Ich mein’s doch nur gut“. Dann stellt man plötzlich verblüfft fest, dass sich ausgerechnet derjenige, der einen gerade vor den Kopf gestoßen hat, abwendet und sauer davon stürzt. Es ist schon eine ganz schön absurde Situation, wenn man wieder einmal „vergutgemeinert“ wurde.
Noch schlimmer kann es eigentlich nur noch kommen, wenn die Floskel in der Vergangenheitsform verwendet wird. Hört man von seinem Gesprächspartner ein „Aber ich hab’s doch nur gut gemeint“, weiß man sofort, dass es sich dabei um ein Synonym für „Ich hab was unglaublich Dämliches angestellt, das für mich keine Konsequenzen hat, für Dich aber richtig mies ausgehen wird“. Da hilft einem dann nicht einmal mehr das ansonsten so erfolgreiche Davonlaufen.
Es bleibt einem nur, die Sauerei auszubaden und den netten „Gutmeiner“ freundlich auf eine neue Strategie hinzuweisen: Immer wenn er meint, dass er etwas gut meinen könnte, wäre es künftig dringend angezeigt, den gut gemeinten Rat zu beherzigen, nichts zu unternehmen, außer seinem Goldfisch davon zu erzählen. Sollte er keinen haben, wäre das der passende Zeitpunkt, sich einen zuzulegen. Es würde auch der Verkäufer in der Zoohandlung tun, aber dessen Gedächtnis ist sehr viel leistungsfähiger als das des Goldfisches und sollte daher verschont werden. Pech für den Fisch, aber was soll man machen.
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„Ich mein’s ja nur gut“, hat mich wieder einmal sehr amüsiert, aber auch nachdenklich gestimmt.
Klappe halten ist definitiv besser als Ratschläge zu erteilen und dann auch noch mit “ich mein’s ja nur gut“ zu ergänzen.
Dies jemand zu sagen, ist allerdings auch problematisch, weil es eigentlich nichts anderes ist als es mit ihm oder ihr ebenfalls „nur gut zu meinen“ – und das möchte ich nun doch nicht. Da halte ich lieber selbst gleich mein manchmal leider auch vorlautes Mundwerk bzw. meine Klappe.
Liebes Heideblümchen!
Nun, Du hast wohl recht, dass man mit seinen Ratschlägen sehr vorsichtig sein sollte. Allerdings betrachte ich den Hinweis darauf, dass man etwas „gut gemeintes“ einfach stecken lassen sollte, als „gemeint-neutralen“ Rat. Er ist also weder gut noch schlecht gemeint. Um genau zu sein, ist er wohl gar nicht „gemeint“ – im Sinee von geglaubt – sondern einfach nur wahr, weil empirisch als gesicht zu betrachten.
Aber das meint nur Dein
Maximus
Lieber Maximus!
Danke für Deine Rückmeldung. Ich hatte Dich schon richtig verstanden. Das „Klappe halten“ galt nicht Dir, sondern denen, die es so gerne und oft „gut mit uns meinen“, aber auch mir selbst, da ich meine Antwort zuerst beinahe so formuliert hätte, dass ich mir dabei ungewollt ins „Netz gegangen“ wäre. Zum Glück habe ich mich gerade noch rechtzeitig eingebremst.
Wir sind also, was diesen ungeliebten Ausspruch anlangt, in Wirklichkeit auf einer Wellenlänge.
Ich hoffe, damit ist alles klar!
Heideblümchen
Danke Heideblümchen! Hab‘ Dich schon richtig verstanden, wollte nur auf den Unterschied zwischen einer Tatsachenfeststellung und diesen „gut gemeinten“ Ratungetümen hinweisen.
Lieben Gruß
Maximus