„Die Wampe muss weg! Aus dem Schwimmreifen muss die Luft raus! Der Waschbär muss ein Waschbrett werden! Der Speck ist lange genug abgehangen! Dem Bratenkrematorium muss der Brennstoff entzogen werden. Der Delikatessenkeller muss geräumt werden! Der wandelnde Feinkosthändler muss in Pension gehen! Die genussmittelbedingte Deformation muss ein Ende haben!“
Vor einiger Zeit hatte meine Frau sich selbst konstatiert, dass sie ein, vielleicht zwei Gramm zu viel auf die Waage bringen würde und es mehr als an der Zeit wäre, dieser überbordenden Fettleibigkeit rigoros den Kampf anzusagen. Mit obigen Worten setzte sie mich dann über ihren Beschluss in Kenntnis, dass auch für meinen wohlverdienten Wohlstands- und Wohlfühlbauch das letzte Stündlein geschlagen hatte.
Von einem Tag auf den anderen war ich auf Diät gesetzt, und die Verfügungsgewalt über meine Fettzellen war mir entzogen. Gut, vielleicht stimmte es, vielleicht gab es da ein kleines bisschen überschüssiges Ich. Und natürlich hatte ich nicht vor, meine Kleidung in Zukunft in der Umstandmodeabteilung zu kaufen. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass meine Frau sich nicht eben den günstigsten Zeitpunkt ausgesucht hatte, um uns in Form zu bringen. Leider wird es gerade Winter. Und da wird es für gewöhnlich kälter. Also isst man gerne. Schon damit einem warm wird. Außerdem ist man häufiger drinnen, macht somit draußen weniger Sport. Zusätzlich sinkt der Abnehm-Anreiz, gerät man im Winter doch deutlich seltener in die Verlegenheit, im Badeoutfit am Wasserrand zu stehen. Und dann wäre da natürlich noch der kulinarische Kalender. Sturm und Kastanien. Lecker! Lebkuchen. Jammi! Vanillekipferl. Schmatz! Kaum ist das Jahr dann rum, warten auch schon wieder die köstlichen Krapfen.
Trotzdem entschied ich mich dafür, meine Frau bei der Operation „Maximus reduziert weite Teile seiner Oberfläche und seines Volumens“ nach Kräften zu unterstützen, jedoch ohne Operation. Als erstes mussten wir uns über den Feind genauestens informieren. Nach intensivem Literaturstudium war schließlich klar, dass sich Kohlenhydrate und große Schwankungen im Insulinspiegel im Blut sehr nachteilig auf das Körpergewicht auswirken können. Herrlich, dachten wir, das wird ja ganz einfach. Wir würden einfach eine Weile auf Kohlenhydrate und Zucker verzichten und alles würde sich von selbst regeln. Unglücklicherweise fanden wir während der Detailrecherche heraus, dass sich Kohlenhydrate in so ziemlich allem befinden, das schmeckt: Kartoffeln, Nudeln, Mais, Mehl, Obst, Süßigkeiten, usw.! Fast keine Kohlenhydrate enthalten dafür zum Beispiel Stangensellerie und Gurken. Toll! Trost fanden wir nur beim Metzger, der uns über die Kohlenhydratlosigkeit von Fleisch informierte. Sozusagen die letzte Bastion des echten, wahren Geschmacks. Die war den kleinen Trade-off gegen ein höheres Herzinfarktrisiko eindeutig wert.
Nach einer knappen Woche Fleisch unlimited, Milch, Butter, Käse und ja zugegebenermaßen auch ein wenig Gemüse, schnellte der Zeiger unserer Waage bei meiner Frau auf satte drei Gramm Übergewicht, und auch bei mir hatten die zusätzlichen Leichen zu einem Kellerausbau geführt. Es führte also kein Weg daran vorbei, dem Essen praktisch völlig abzuschwören. Allerdings ohne dabei die Contenance zu verlieren und solch unsinnige Dinge zu treiben, wie den Kühlschrank abzusperren. Stattdessen erkannten wir, dass es sehr viel effizienter war, ihn einfach ganz auszuleeren. Aus rein ethischen Gründen spachtelten wir brav das gesamte Inventar unseres Kühlschranks und der Kühltruhe auf und behielten immer fest den guten Zweck im Blick. Seltsamerweise führte das abermals dazu, dass die Waage mahnend ihren Zeiger in Richtung Unendlichkeit hob.
Wir mussten dem Gewicht endlich Einhalt gebieten. Meine Frau und ich verabredeten für die folgende Woche, mindestens drei Mal Joggen zu gehen. Als weiteren Anreiz kamen wir überein, uns selbst für jedes verlorene Gramm/jedes verlorene Kilo einen Bonus von EUR 100,00 auszuzahlen und mit dem Gesamtbetrag eine Reise zu machen. Das Ganze hörte sich vielversprechend an, und der Kühlschrank war nun ja auch bereits leer. Genau wie mein Magen. Das war der Haken. Jeden einzelnen Tag rang ich mit ihm und konnte mich kurz nachdem ich ihn gefüllt hatte zumindest auf einen vorübergehenden Waffenstillstand verständigen. Am Ende der Woche wies die Bilanz dann ein halbes Mal Joggen, ein leeres Reisekonto und zwei weitere Kilo meinerseits auf. Meine Frau kam im Vergleichszeitraum auf eine Dreiviertel-Jogging-Einheit, ein leeres Reisekonto und zusätzliche 1,5 Gramm Lebendgewicht.
Hier machte sich ein äußerst verdächtiger Trend bemerkbar. Kaum hatten wir damit begonnen abzunehmen, nahmen wir unentwegt und reichlich zu. Um weiteren Fehlschlägen vorzubeugen, und zumindest diese besorgniserregende Entwicklung zu stoppen, griffen wir jetzt zu moralisch äußerst fragwürdigen Methoden. Wir vereinbarten den Bonus zu streichen und als schmerzenden Ersatz für jede Einheit Gewichtszuname in Zukunft eine Einzahlung von EUR 100,00 in unseren hauseigenen Adipositas-Fond zu leisten. Zumindest betriebswirtschaftlich ist dieser Plan auch voll aufgegangen. Unser Fond ist mittlerweile so gut dotiert, dass wir problemlos die Fettleibigkeit der gesamten westlichen Welt beseitigen können.
Weitere Versuche, beispielsweise mittels externer Hilfe, blieben ebenfalls erfolglos. So verweigerten die Weight Watchers meiner Frau die Aufnahme, weil sie über keine Waagen verfügen, die im Grammbereich zuverlässige Messergebnisse erlauben. Meine Hypnosetherapie führte dazu, dass mein Therapeut aufgrund meines unterbewussten, schwärmerischen Manifests für Schweinebraten fast 10 Kilo zunahm und mich nicht weiter behandeln wollte. Die Snacks beim Abarbeiten der etwa 27 Millionen Google Treffer beim Stichwort „Abnehmen“ taten ihr übriges.
Auf der nach oben offenen Michelin-Männchen-Skala hatten meine Frau und ich mittlerweile jeweils stattliche 8,5 Ringe zusammengebracht. Wegen der fiesen Kohlenhydrate war das Ertränken der Sorgen in Alkohol leider auch keine Lösung, weshalb wir uns schweren Bauches dafür entschieden, das Geld aus dem Fettsucht-Fond zu veruntreuen und damit eine Fernreise zu unternehmen, um uns von unseren Problemen abzulenken. Vietnam schien ein passendes Reiseziel zu sein, da einerseits die Gegend wunderbar ist und andererseits die Vietnamesen durchwegs schlanke Menschen sind. Vielleicht konnten wir ja dort doch noch etwas lernen, das uns helfen würde.
Und in der Tat, nach nur vier Wochen Non-Stop Diarrhö kamen wir ein wenig dehydriert aber figurmäßig in Topform wieder nach Hause. Nächsten Winter fliegen wir dann wieder hin.
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Na bei 4 Wochen Non-Stop Diahrrö hoffe ich, dass Ihr gutes, flauschiges Toilettenpapier hattet, sonst seh ich da …. rot!
Es soll übrigens in Topmodelkreisen die Praxis geben irgendwelche Bandwürmer einsetzen zu lassen, die alle Nahrung quasi für dich in dir vernichten. Die Frage ist: was passiert mit den Ausscheidungen des Wurmes und was wenn der Wurm zu Ende gemästet ist?!?!
Ja danke, liebe Stachi, das haben wir vorgesorgt. Ansonsten wäre es wohl einem Sandstrahlen gleichgekommen.
Das mit den Bandwürmern gehört zu den Methoden, die meiner Ansicht nach unter „illegal“ laufen. Das ist unfaires abnehmen. Blöd ist nur wenn der Wurm dann so lange wird, dass er sich durch den ganzen Darm windet. Wird er dann noch dicker, bleibt er wohlmöglich sogar irgendwo stecken. nicht auszudenken. Obwohl, vielleicht wäre das sogar besser, sonst wird er irgendwann so lange, dass man ihn auf der Toilette freundlich grüssen müsste…